Zahnkliniken und Zahnarztzentren

Kieferhöhlen- Erkrankungen

Unterthemen

Ursachen:

  • Rhinogene Sinusitis: Durch Eindringen von Bakterien aus der Nase.
  • Hämatogene Sinusitis: Bei Allgemeininfektionen (Typhus, Scharlach).
  • Odontogene Sinusitis: Etwa ein Drittel aller Kieferhöhlenentzündungen. Folgende Ursachen kommen in Frage:
  • Apikales Granulom: 1. Molar 42 %, 2. Prämolar 20 %, 2. Molar 17 %, 1. Prämolar 10 %, Eckzahn und 3. Molar 11 %.
  • Radikuläre Zyste.
  • Infizierte follikuläre Zyste.
  • Eröffnung der Kieferhöhle bei der Zahnextraktion: Einwandern von Mundkeimen in die Kieferhöhle über die Perforation.
  • Marginale Parodontitis: Nur ausnahmsweise Ausgangspunkt für eine Sinusitis.
  • Intraossäre Implantate.
  • Fremdkörper, insbesondere Wurzelreste, die bei einer Zahnextraktion in die Kieferhöhle versenkt wurden.
  • Oberkiefer- und Jochbeinfrakturen: Infektion des in der Kieferhöhle bei diesen Frakturen stets vorhandenen Hämatoms.
  • Oberkieferosteomyelitis.
Sagittalschnitt durch die Kieferhöhle mit Darstellung der Zahnwurzeln
Sagittalschnitt durch die Kieferhöhle mit Darstellung der Zahnwurzeln

Akute Sinusitis maxillaris

Symptomatik:

Schwellung im Wangenbereich über der Fossa canina mit Ödem des Unterlides. Druckschmerzhafte Schwellung im Vestibulum. Starke Schmerzen, die neuralgieartig in die ganze Gesichtsseite ausstrahlen. Parodontitische Schmerzen nicht nur an dem die Infektion auslösenden Zahn, sondern auch an gesunden Zähnen, deren apikales Parodontium im den Entzündungsprozess einbezogen wurde. Einseitiger Schnupfen mit Verstopfung der betroffenen Seite. Schwellung und Rötung der seitlichen Nasenwand und der Muscheln mit schleimigem oder eitrigem Sekret im mittleren Nasengang. Fieber.

Das Röntgenbild zeigt eine totale Verschattung der betroffenen Kieferhöhle.

Ein Antrumempyem kann entstehen, wenn der natürliche Ausführungsgang durch Schleimhautschwellung verlegt ist. Die Abflussbehinderung des Eiters führt zu einer Drucksteigerung in der Kieferhöhle, die heftige Schmerzen und eine Temperaturerhöhung nach sich zieht.

In einer beim sitzenden Patienten aufgenommenen  Nasennebenhöhlenröntgenaufnahme findet man eine Spiegelbildung: Der untere Teil der Kieferhöhle ist dicht verschattet und gegen den weniger verschatteten oberen Teil durch eine scharfe horizontale Linie (Flüssigkeitsspiegel) abgegrenzt.

Komplikationen:

Ausbreitung der Entzündung auf die Siebbeinzellen und die Stirnhöhle (Pansinusitis). Orbitaabszess (siehe Ausbreitung in die weitere Umgebung).

Differenzialdiagnose:

Abszesse und Osteomyelitis des Oberkiefers.

Therapie:

Bei hohem Fieber stationäre Behandlung:

  • Breitbandantibiotikum in hoher Dosierung als Blindtherapie.
  • Über vestibulären Zugang operative Eröffnung der Kieferhöhle im Bereich der Fossa canina oberhalb der Zahnwurzeln.
  • Alternative: Endoskopischer Zugang über die Fossa canina mit Einlage eines Silikonschlauches in die Kieferhöhle zum Sekretabfluss und zur Spültherapie.
  • Eiterentnahme für Antibiogramm.
  • Spülung der Kieferhöhle mit einem desinfizierenden Spülmittel.
  • Nach operativer Eröffnung der Kieferhöhle lockere Tamponade mit einem Salbenstreifen.
  • Nach Vorliegen des Antibiogramms gezielte Antibiotikatherapie.
  • Täglich oder alle zwei Tage Tamponwechsel und Spülung über die vestibuläre Perforation oder über den eingelegten Silikonschlauch.
  • Nach Abklingen der akuten Entzündung Weiterbehandlung wie bei der chronischen Sinusitis mit plastischem Verschluss der vestibulären Perforation (s. unten).

Bei fehlendem Fieber:

  • Abschwellende Nasentropfen.
  • Nasale Kieferhöhlenspülungen mit Instillation eines Lokal-Antibiotikums.
  • Nach Abklingen der akuten Entzündung Weiterbehandlung wie bei der chronischen Sinusitis (s. unten).
Akute eitrige Pansinusitis mit Orbitaabszess
Akute eitrige Pansinusitis mit Orbitaabszess

Chronische Sinusitis maxillaris

Symptomatik:

Nicht selten fehlen Beschwerden. Gelegentlich dumpfes Druckgefühl und uncharakteristische Kopfschmerzen sowie verstopfte Nase. Im mittleren Nasengang kann aus dem Ostium maxillare polypöse Schleimhaut herauswachsen. Liegt eine während einer früheren Zahnextraktion entstandene Mund-Antrum-Verbindung vor, so können polypöse Wucherungen auch auf diesem Wege vordringen und in die Mundhöhle einwachsen, so dass in der Alveole ein pilzartiger Granulationspfropf sichtbar wird.

Nicht selten wird eine chronische Sinusitis erst anlässlich einer Zahnextraktion durch das Auftreten einer Mund-Antrum-Verbindung entdeckt.

Diagnostik:

  • Röntgendiagnostik:

    - Die Nasennebenhöhlenaufnahme zeigt bei polypöser Sinusitis eine totale Verschattung der Kieferhöhle.

    - Bei entzündlichen odontogenen Prozessen am Boden der Kieferhöhle ist eine partielle Verschattung im unteren Bereich der Kieferhöhle erkennbar.

    - Die Schleimhautschwellung manifestiert sich als eine Randverschattung der Kieferhöhle.

    - Sind gleichzeitig die Siebbeinzellen befallen, so sind auch diese im Röntgenbild verschattet.

    - Die Kieferhöhlen können auch in einer Panoramaschichtaufnahme dargestellt werden. Zur Sinusaufnahme wird der Kopf so eingestellt, dass Oberkiefer- und Orbitaregion aufgenommen werden. Die Aussagekraft der Nasennebenhöhlenaufnahme ist jedoch besser.
  • Endoskopie der Kieferhöhle (Sinuskopie, Antroskopie): Mit Objektiven, die transoral von der Fossa canina oder transnasal über den unteren Nasengang in die Kieferhöhle eingeführt werden, kann die Beschaffenheit der Kieferhöhlenschleimhaut direkt betrachtet werden:

    - Die normale Kieferhöhlenschleimhaut ist zart und blass-rosa mit gelblichem Unterton.

    - Bei akuter Sinusitis findet man eine ödematöse Schwellung und Rötung.

Die chronische Sinusitis ist durch polsterartige Verdickungen oder polypöse Wülste und Wucherungen gekennzeichnet.

Polypöse Sinusitis maxillaris mit Verschattung der rechten Kieferhöhle
Polypöse Sinusitis maxillaris mit Verschattung der rechten Kieferhöhle
Partielle Verschattung der rechten Kieferhöhle bei chronischer Sinusitis
Partielle Verschattung der rechten Kieferhöhle bei chronischer Sinusitis
Randverschattung der linken Kieferhöhle bei chronischer Sinusitis
Randverschattung der linken Kieferhöhle bei chronischer Sinusitis

Differenzialdiagnose:

Kieferhöhlenkarzinom u.a. Tumoren, Zysten.

Wichtiges Kriterium ist die Beschaffenheit der seitlichen Kieferhöhlenwand. Diese ist bei einer Sinusitis stets erhalten. Fehlt sie, so liegt entweder eine Zyste oder ein Tumor vor.

Therapie:

Beseitigung der Ursache bei apikalem Granulom, kleiner radikulärer Zyste, infiziertem intraossärem Implantat oder marginaler Parodontitis.

  • Extraktion des Zahnes oder des Implantats und Kürettage des Granulationsgewebes oder der Zyste. Dabei entsteht in der Regel eine Mund-Antrum-Verbindung (MAV).
  • Einmalige – bei Eiterentleerung auch mehrmalige – Kieferhöhlenspülung mit einer desinfizierenden Lösung durch die MAV. Danach ohne weitere Maßnahmen 3 bis 4 Wochen abwarten, ob eine Spontanheilung eintritt.
  • Wenn die MAV nach 3 bis 4 Wochen nicht mehr sondierbar ist und die Kieferhöhle in einer neu anzufertigenden Röntgenaufnahme der Nasennebenhöhlen eine normale Transparenz aufweist, kann davon ausgegangen werden, dass die Sinusitis abgeheilt ist. Eine weitere Therapie ist dann nicht mehr notwendig.
  • Ist die MAV weiterhin sondierbar, so ist eine Kieferhöhlenoperation mit plastischem Verschluss der MAV erforderlich (s. später).
  • Bei apikalem Granulom kommt alternativ zur Extraktion des Zahnes auch eine Wurzelspitzenresektion in Frage. Danach kann allerdings kaum mit einer spontanen Abheilung der Sinusitis gerechnet werden, weil der Sekretabfluss über die MAV fehlt. Die Wurzelspitzenresektion sollte in solchen Fällen zusammen mit einer Kieferhöhlenoperation vorgenommen werden.

Funktionelle Operation der Kieferhöhle:

  • Die früher übliche Radikaloperation nach Caldwell-Luc, bei der die gesamte Kieferhöhlenschleimhaut entfernt wurde, wird heute nicht mehr so radikal vorgenommen. Die wandständige Schleimhaut wird belassen; entfernt werden nur die polypösen zentralen Anteile.
  • Der Eingriff kann in Lokalanästhesie oder in Narkose durchgeführt werden.
  • Zugang über die Fossa canina.
  • Vor der Crista zygomatico-alveolaris wird weitab von den Zahnwurzeln und dem Foramen infraorbitale ein kleines Knochenfenster ausgeschnitten.
  • Alternative: Aussägen eines Knochendeckels, der am Ende der Operation als freies Transplantat reponiert und mit resorbierbaren Nähten fixiert wird.
  • Über das Knochenfenster in der Fossa canina Entfernung der polypösen Schleimhautanteile unter Belassung der wandständigen Kieferhöhlenschleimhaut.
  • Anlegen eines Nasenfensters im unteren Nasengang durch Resektion der Knochenlamelle und der dazugehörigen Nasenschleimhaut über das Fenster in der Fossa canina.
  • Lockere Tamponade der Kieferhöhle durch einen mit Salbe imprägnierten Gazestreifen, der zum Nasenfenster herausgeführt und nach drei Tagen entfernt wird.
  • Eine vorhandene MAV muss im Zuge der Kieferhöhlenoperation durch einen Schleimhaut-Periost-Lappen verschlossen werden (s. später).
  • Postoperativ gegebenenfalls Spülungen der Kieferhöhle über das Nasenfenster.

Alternatives konservatives Verfahren:

  • Kieferhöhlenspülungen bis zum Abklingen der entzündlichen Erscheinungen.
  • Plastischer Verschluss der Mund-Antrum-Verbindung.
  • Transnasale Fensterung zur Verbesserung der Belüftung unter Verzicht auf Anlage eines fazialen Fensters in der Fossa canina.

Komplikationen:

Postoperative Neuralgien des N. infraorbitalis durch narbige Verziehung des Nerves bei der Vernarbung des Knochendefekts in der Fossa canina.

Diese Komplikation wird vermieden durch Einhaltung eines genügenden Abstandes des Knochenfensters vom Foramen infraorbitale und durch Replantation des Knochendeckels am Ende der Operation.

Desensibilität der Seitenzähne vom Eckzahn bis zum 1. Molaren. Die betroffenen Zähne reagieren nicht bei der Vitalitätsprüfung, sie sind aber vital, weil die Gefäßversorgung intakt ist. Die Nervenfasern liegen bei dünnem, knöchernem Kieferhöhlenboden direkt unter der Kieferhöhlenschleimhaut. Sie können bei der Kürettage eines apikalen Granuloms oder einer Zyste abgerissen werden. Eine funktionelle Unterbrechung bei erhaltener anatomischer Struktur kommt durch entzündliche Vorgänge bei der Wundheilung zustande. In solchen Fällen stellt sich die Sensibilität nach einiger Zeit wieder ein.

Sinusitis der linken Kieferhöhle, ausgehend von 26
Sinusitis der linken Kieferhöhle, ausgehend von 26
Vollständige Ausheilung fünf Wochen nach Extraktion 26 mit Spontanverschluss der bei der Extraktion entstandenen Mund-Antrum-Verbindung
Vollständige Ausheilung fünf Wochen nach Extraktion 26 mit Spontanverschluss der bei der Extraktion entstandenen Mund-Antrum-Verbindung

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